Heute hat Lukas Ott seinen letzten Arbeitstag als Stadtpräsident von Liestal, morgen beginnt er als Basler Stadtentwickler. Im Gespräch mit der bz sagt er, dass er die Politik auch deshalb verlässt, weil der nächste logische Schritt – Baselbieter Regierungsrat – bei der aktuellen Marschrichtung der Exekutive an Reiz verloren hat.
Lukas Ott wird bei der Einweihung der Rathausstrasse am Samstag bereits nicht mehr Stadtpräsident sein. Nicole Nars-Zimmer
Zustimmung zum neuen Bahnhof der Abgang leichter?
Lukas
Ja. Wir haben uns immer starkgemacht dafür, dass die Entwicklung am Bahnhof nicht nur Schienen, Schotter und Schwellen, sondern auch die Gebäude betrifft. Und das ist uns zusammen mit den SBB auch gelungen. Dabei haben wir versucht, das Bahnhofgebäude auf der Zeitachse zu beschleunigen. Anfang Jahr sah es auch danach aus, dass dies möglich ist. Doch wir haben jetzt wegen der demokratischen Prozesse entscheidende Monate verloren, in denen das Bauprogramm des Vierspur-Ausbaus weitergetrieben wurde. Das ist vielleicht ein Wermutstropfen. Aber den nehme ich noch so gerne in Kauf, weil wir im Gegenzug eine grosse Abstützung des neuen Bahnhofs erreicht haben.
eine Aussage von SBB-Vertreter Alexander Muhm auf. Er kündete an, dass im Hochhaus die Bildung einziehen könnte. Wird das Hochhaus zu einem Teil des Uni-Campus?
Ja, das könnte tatsächlich eine Perspektive sein. Die bisherigen Abklärungen haben ergeben, dass der Platzbedarf der Uni am Standort Liestal grösser wäre als ursprünglich angenommen. Deshalb stellt das Hochhaus eine sehr gute Op
geschaffen?
Da muss ich zuerst eine Klammer auftun. Wir sind bis heute unglücklich darüber, dass der Kanton mit seiner Verwaltungszusammenführung beim SBB-Hochhaus ausgestiegen ist. Wir hatten vergangenes Wochenende eine Doppelabstimmung. Die Kantonsregierung blieb mit ihrer Abbauvorlage auf der Strecke, wir hatten mit unserer Aufbauvorlage die Stimmbevölkerung hinter uns. Das müsste dem Kanton auch zu denken geben. Er müsste an einer Vorwärtsstrategie interessiert sein und neue Arbeitsplätze schaffen und Steuersub
Wir sind uns einig, dass wir mittels einer Masterplanung die Rheinstrassenachse in Liestal angehen werden, um zu sehen, wo wohnen, wo arbeiten Sinn macht. Der Lead liegt jetzt in der ersten Phase bei uns. Für diesen Fortschritt bin ich dankbar.
Ich will mich zurückhalten, der Regierungspräsidentin irgendwelche Empfehlungen zu geben. Wir stellen einfach fest, und das bereitet uns allen Sorgen, dass Sabine Pegoraro vom Weg der Erfolgslogik abgekommen ist. Wir wünschen uns alle, dass sie auf diesen Weg zurückfindet. Wir können es uns im Kanton gar nicht leisten, dass wichtige Projekte aus der Bau- und Umweltschutzdirektion nicht vorankommen. Das wichtigste Gut in der Politik ist das Vertrauen, und das entsteht nur, wenn man wahrnehmbar ist. Denn die Leute müssen sich orientieren können.
Ich habe bis zu einem gewissen Grad Verständnis dafür, man darf enttäuscht reagieren. Ich muss aber auch klar sagen, dass ich mich sehr stark für die Entwicklung dieser Stadt eingesetzt habe und irgendwann muss man auch mir zugestehen, dass ich mich weiterentwickle.
Ich will jetzt meine ganze Schaffenskraft in die neue Stelle, die Leitung der Kantons- und Stadtentwicklung in Basel, einbringen. Und ich werde in nächster Zeit sicher keine andern Optionen prüfen. Wer mich kennt, weiss, dass ich sowohl den Aufgaben wie den Menschen gegenüber treu bin. Ich bleibe aber in Liestal wohnen und behalte wenige Ehrenämter, die mir am Herzen liegen.
Was meine Zeit als Liestaler Stadtrat angeht, so fällt mir bloss das «Haus der Künste» für die Jugendmusikschule ein, das scheiterte. In meiner politischen Laufbahn gab es ja verschiedene Phasen. Noch als Einwohnerrat drang ich mit einigen Anliegen nicht durch. Ich denke hier etwa an den Klassiker Tempo 30 oder an eine bessere familienergänzende Betreuung. Mit der Zeit lernte ich aber, dass man im Zentrum der Entscheidungen sein muss, um etwas zu erreichen. Das war ein Grund, von der Legislative in die Exekutive zu wechseln. Und in dem Moment, in dem ich das Stadtpräsidium übernahm, konnte ich beginnen, selber den Takt vorzugeben und die Initiative zu ergreifen.
Auf einen Regierungsratssitz zu aspirieren, ist mit sehr vielen Unwägbarkeiten verbunden. Ich bin jetzt seit 30 Jahren in der Politik aktiv dabei. Die Gefahr ist da, zum ewig Wartenden zu werden. Das wollte ich nicht. Und irgendwann konnte ich mir vorstellen, dass es auch noch andere Daseinsbestimmungen gibt, als Regierungsrat zu werden. Ich begann, in Alternativen zu denken und Anfang 50 war eine Weichenstellung fällig.
Ich habe schon das Gefühl, dass die Regierung mittlerweile eine Art Sachzwangverwaltung ist. Sie versucht nicht konsequent genug, sich Spielräume zu eröffnen. Ja, auch deshalb öffnete ich meinen Fokus. Ich weiss natürlich, dass ich in dieser Beziehung als Stadtpräsident von Liestal einen Traumjob hatte. Der ganze Stadtrat arbeitete als Team und versuchte, Dinge zusammen voranzutreiben. Dies stark unterstützt von der Verwaltung, die uns den Rücken freigehalten hat.
Partei, nun, da die Grünen einen ihrer Hoffnungsträger verloren haben?
Ich muss betonen, dass ich auf sehr viel Verständnis gestossen bin innerhalb der Partei. Viele erkannten, was für eine Chance der neue Job für mich persönlich ist. Es gab also keine grossen Klagen. Das wäre auch eine komplette Überhöhung meiner Person und meiner Möglichkeiten. Was die Zukunft der Partei angeht, so ist es wichtig, dass eine solide Personalplanung gemacht wird. Auch würde ich die Grünen gerne wieder etwas kämpferischer sehen bei unseren Ur
Es bleibt wichtig, dass die Gemeinden vom Kanton mehr Handlungsspielraum fordern. Das Verhältnis vom Kanton zu den Gemeinden ist meiner Meinung nach in keiner guten Balance. Ich sehe aber durchaus engagierte und fähige Gemeindepräsidien, die bereit sind, jetzt den Lead zu übernehmen.
Mike Keller und Reto Wolf sind sicher bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen. Im Laufental leisten Alex Imhof und Remo Oser bereits wichtige Beiträge. Im oberen Kantonsteil sind Christine Mangold und Erwin Müller bereit, sich weiter zu engagieren. Und wenn sie denn wollen, so sähe ich auch Stefan Burgunder und Christof Hiltmann in dieser Rolle.
Ich würde mir wünschen, dass die beiden noch etwas offensiver für die gemeinsamen Interessen der Gemeinden eintreten. Das würde den Gemeinden guttun.
In der nun folgenden Interimsphase, bis das Stadtpräsidium wieder besetzt ist, braucht es eine Konzentration der Kräfte. Aber wir werden uns sicher bei den lancierten Gemeinde-Initiativen weiter engagieren. Insbesondere Stadträtin Regula Nebiker wird gefordert sein, etwa bei der Ausgleichs- oder der Fairness-Initiative, die für Liestal wichtig sind.
Ein übergeordnetes Ziel wird es sein, verschiedene Bereiche in ein ausgewogenes Verhältnis zu setzen. Dabei geht es um Arbeiten, Wohnen, Einkaufen, Mobilität, Bildung, Kultur und Soziales. Dazu möchte ich klare strategische Stossrichtungen bündeln und dafür sorgen, dass alle am gleichen Strick ziehen, wenn es um die Umsetzung geht. Vieles wurde schon getan, etwa mit den jüngst publizierten Legislaturzielen für die nächsten vier Jahre. Wichtig wäre es aber, daneben noch über eine längerfristige Entwicklungsplanung zu verfügen.
Baustellen?
Ich wende mich einer neuen Aufgabe nicht mit einer Defizitorientierung zu, sondern ich orientiere mich immer konsequent am Potenzial. So werde ich es auch in Basel halten. Hier sehe ich zahlreiche spannende Arealentwicklungen mit einer Nachverdichtung gegen innen. So hat man die Chance, noch mehr Wohnraum zu schaffen, ohne Gewerberaum zu konkurrenzieren. Bei der Mobilität sehe ich grosse Herausforderungen, etwa beim Schienenverkehr.
Es geht auch, aber nicht nur um das Herzstück. Viel früher schon müssen wir den Bahnhof SBB auf einen guten Stand bringen. Er weist heute Engpässe auf, die wir früher anpacken können als das Herzstück. So ist es ein offenes Geheimnis, dass die Passerelle ein Kapazitätsproblem hat. Hier werden ja bereits Alternativen entwickelt.
So verlockend dieses Angebot ist, sollte man mir zugestehen, dass ich mich erst fundiert einarbeiten kann. Auch möchte ich mich zuerst mit allen Partnern innerhalb und ausserhalb der Verwaltung in Verbindung setzen, um die wichtigsten Stossrichtungen herauszuschälen. Ich halte es für unseriös, als Ankündigungsentwickler aufzutreten.
Liestal nach Basel mitnehmen?
Basel ist ein anderer Massstab, die urbane Dichte ist grösser, doch sind die meisten Herausforderungen verwandt. So zum Beispiel ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeitsplätzen und Wohnraum. Dies ist für Basel ein wichtiges Handlungsfeld. Auch der Detailhandel und der Umgang mit dem öffentlichen Raum sind in Basel wichtige Themen.
Es ist sicher so, dass ich an sehr vielen Aufgabestellungen Mass nehmen konnte, etwa an den Areal- und Wohnraumentwicklungen, am öffentlichen Raum oder am Detailhandel. Ich konnte meinen Rucksack mit Erfahrungen füllen und kann die in einem sehr spannenden Umfeld noch stärker zur Geltung bringen. Auch stelle ich es mir als etwas sehr Erfüllendes vor, beruflich nicht mehr auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen, sondern mich voll und ganz in den Dienst einer Aufgabe zu stellen.